Welche Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie auf Österreichs Berufsfußballer? Welcher Verantwortung müssen sich die Klubs stellen? Der Fußballgewerkschafter gibt Einblick:
Am Montag startet in Steinbrunn wieder das alljährliche VdF-Camp für vereinslose Profis. Fußballgewerkschafter Oliver Prudlo erklärt, welche Spuren die Corona-Pandemie im heimischen Profifußball hinterlassen hat.
KURIER: Wie steht’s nach fast eineinhalb Jahren Pandemie um die Berufsfußballer in Österreich?
Oliver Prudlo: Die Kurzarbeit im ersten Lockdown hat den Klubs sehr geholfen. Damals gab es ja wirklich noch die Befürchtung, dass vielleicht einige Vereine den Bach runtergehen. Zum Glück ist das so nicht eingetreten, das war aber aus damaliger Sicht nicht ganz zu erwarten. Man sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen, dass auch die Spieler ihren Beitrag dazu geleistet haben. Viele haben auf Gehälter verzichtet und dadurch geholfen, diese Krise zu meistern. Zu behaupten, dass alle Vereine gut durchgekommen sind? Das wäre sicher noch zu früh.
Wird die Pandemie noch längerfristige Auswirkungen auf Klubs haben?
Man kann schon erkennen, dass die Vereine teilweise bereits ihre Kader reduzieren und schauen, wie sie Personalkosten einsparen können. Das mag für den einen oder anderen gestandenen Profi bitter sein, ist zugleich aber auch eine Chance für junge Fußballer, weil sie jetzt zum Zug kommen. Man darf nicht vergessen: Den Vereinen sind über ein Jahr lang die Zuschauereinnahmen entgangen, die werden zwangsläufig sparsamer agieren müssen.
Wird deshalb das VdF-Camp für arbeitslose Fußballer in diesem Sommer möglicherweise überlaufen sein?
Wir können maximal mit 30 Fußballern trainieren. Zum Beginn der Transferzeit haben wir immer so um die 150 bis 170 Spieler ohne Verein, da sind aber auch Spieler noch miteingerechnet, die schon wissen, dass sie in zwei, drei Wochen bei einem Verein unterschreiben werden.
Und wie viele der arbeitslosen Fußballer, die am Camp teilnehmen, finden dann tatsächlich einen Verein?
Die Erfahrung zeigt, dass ungefähr 70, 80 Prozent binnen eines halben Jahres, also inklusive der Winterübertrittszeit, wieder unterkommen. Das ist eine gute Quote.
Wie sehen Sie die Entwicklungen in der zweiten Liga? Inzwischen setzen dort viele Vereine auf Halbprofitum.
Durch die Tatsache, dass keine Mindestanzahl an Profis mehr vorgeschrieben ist, haben wir in Österreich insgesamt zwar weniger Vollprofis, aber dafür gibt’s Teilzeitprofis, die einem Beruf nachgehen und nicht in die Arbeitslosigkeit rutschen, wenn sie keinen Verein haben. Wir als VdF sind froh, wenn die Fußballer abgesichert sind. Auch wenn mir klar ist, dass das Konstrukt der zweiten Liga gerne bekrittelt wird.
Die vielen Amateurteams der Bundesligisten, fehlende Attraktivität, etc …
Genau. Aber wenn bei vielen Zweitligisten das Geld nun einmal nicht vorhanden ist für ein Profitum, dann muss man das so akzeptieren. Das ist ehrlicher und gesünder als das, was wir teilweise vorher hatten. Und grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn viele junge Spieler zu Einsätzen auf diesem Niveau kommen. Zugleich sollte man bei den jungen Spielern eines nicht außer Acht lassen.
Nämlich?
Wir dürfen junge Menschen nicht in dem Glauben lassen, dass sie die große Karriere machen und alle damit ihren Unterhalt verdienen werden. Da sehe ich die Verantwortung auch bei den Vereinen und den Trainern. Die rechtzeitige Vorbereitung auf die berufliche Karriere ist extrem wichtig. Mit dem eLearning stehen da einem heute ganz andere Möglichkeiten zur Verfügung. Das lässt sich sicher unter einen Hut bringen und ich habe auch den Eindruck, dass es bei der heutigen Spieler-Generation diesbezüglich schon ein Umdenken gibt.
War das zu Ihrer Zeit denn anders?
Die heutige Generation tickt anders als wir früher. Die früheren Generationen waren in erster Linie Fußballer und viele waren dann mit 35 überrascht, dass sie es plötzlich nicht mehr sind. Der Schnitt, der da kommt, ist brutal. Und er trifft jeden. Dabei hat es sogar positive Auswirkungen, wenn ein Spieler parallel zum Sport noch irgendeine Ausbildung macht.
Tatsächlich?
Es gibt Studien, wonach Sportler, die sich während der Karriere weiterbilden, dann in ihrem Sport tatsächlich auch besser performen. Weil er weniger Existenzangst hat, weniger Druck und oft lockerer an die Sache herangeht.
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